Redebeitrag bei #EIN2706

Wow! Laut- und ausdrucksstark beteiligten sich gestern bis zu 500 Menschen an der Demo vom OATE. Unser Bericht dazu folgt. Für Interessierte veröffentlichen wir unseren Redebeitrag von gestern als Überbrückung:

Liebe Menschen!

Ich bin Stefan von der 161 Einbeck und dieser Redebeitrag läuft vom Band. Wir kommen später dazu, warum das so ist.

Erstmal danke, dass Ihr alle heute hier in Einbeck mit uns auf der Straße seid um ein Zeichen gegen rechte Gewalt zu setzen! Wir sprechen auch hier noch einmal ganz offiziell der Betroffenen des Anschlags unsere vollste Solidarität aus!

Ja, es brauchte leider erst einen Sprengstoffanschlag, bis hier in Einbeck ernsthaft etwas in Bewegung kam. Wir berichten seit mehr als 2 Jahren über die Neonazi-Situation in Einbeck. Es gab immer wieder auch kleinere Erfolge der antifaschistischen Arbeit, indem Neonazis sich zumindest aus den Strukturen zurückzogen. Sauber ausgestiegen sind sie dadurch nicht, aber zumindest erstmal ruhig. Wir beobachten diese Leute aber weiterhin mit Argusaugen. Bereits 2018 wurde die damalige Kameradschaft Einbeck mit einer Flyeraktion in ihren jeweiligen Nachbarschaften durch die Gruppe „Nazimelder375“ bekannt gemacht. Wie diese Gruppe uns per E-Mail mitteilte, hatte auch unsere Bürgermeisterin, Frau Dr. Sabine Michalek, ebenfalls ein eigenes Exemplar im Briefkasten. Nun ist 2020 und Ihr alle wisst, was passierte… Es hätte viel früher etwas passieren müssen. Anfangs bestand die Kameradschaft Einbeck aus den ideologisch gefestigten Brosennes und ein paar verirrten, ungefestigten Neonazis. Erst die lange Untätigkeit und das ungestörte Agieren der sich bildenden Sturktur machte einen späteren Zuzug von gewalttätigen und ideologisch zutiefst gefestigten Neonazis attraktiv und möglich. Wir haben es heute überwiegend mit Neonazis zu tun, bei denen auch antifaschistische Ansätze wie z.B. Outings vermutlich eher nicht fruchten werden.

 Natürlich freuen wir uns auch, dass nun endlich etwas unternommen wird und ein Repressionsdruck auf die Neonazis aufgebaut wird. Allerdings sind wir auch wütend, dass wir immer wiede hören uns lesen müssen, dass man nun auch hart gegen die sogenannten „Linksextremisten“ vorgehen müsse. Dieses Hufeisenwerfen ist sowohl inhaltlich als auch logisch falsch. Und das sogar aus zwei Gründen: Zum einen wird hier, selbst wenn wir die Diskussion bis in die Spitze mitgehen, Farbe mit einem Sprengstoffanschlag gleichgesetzt. Findet Ihr das richtig? Wir haben es so satt, dass wir per Hufeisen mit Neonazis gleichgesetzt werden!

Zum anderen haben wir bereits seit längerer Zeit mit großen Repressionen zu kämpfen. Wir möchten Euch als Beispiel einen Fall schildern, der tatsächlich gerade läuft. Ein Mensch, der politisch zu Einbeck arbeitet, muss sich demnächst vor Gericht verantworten weil ihm vorgeworfen wird, Betreiber unserer Internetpräsenzen zu sein. Unsere „Freund*innen“ vom Staatsschutz, dem FK4 in Northeim, kreieren nämlich regelrecht hahnebüchene Anzeigen aus unseren Artikeln und Berichten.

Und da sie die Identität dieser Person, die nicht einmal in unserer Gruppe organisiert ist und daher erst recht keinen Zugriff auf unsere Seiten und Blog hat, gerade am Wickel haben, wird ihm ein Paket aus ungefähr 5 Anzeigen an den Hals gehängt.

Inhaltlich möchten wir Euch zwei Beispiele dazu geben, warum sie für uns weder Freund*innen noch Helfer*innen sind.

Als im September die Neonazi-Demo hier bei uns in Einbeck stattfand und es eine anschließende After Demo Party im Backpackers Inn gab, riefen wir voller Ironie ein „Capture the Flag“ aus, was jedem Menschen, der eine Neonazi-Fahne mitbringen würde, 5 Pfeffis als Prämie auslobte. Natürlich war das nicht ernst gemeint. Aber beim FK4 versteht man offensichtlich weder Ironie noch Zwinkersmileys. Sie machten daraus eine Anzeige wegen „Aufruf zu Straftaten“.

Ein anderer Fall: Die Einbecker Neonazis hatten öffentlich angekündigt, bei einem Treffen unserer Genoss*innen vom OATE aufzutauchen. Es wurde nicht verhindert, auf einmal standen sie da. Unser antifaschistischer Selbstschutz griff und so zogen die Neonazis wieder von dannen. Eine Gruppe von 7-8 Menschen, ich selbst befand mich darunter, kam aus der Stadt zurück, da sie Menschen zu ihren Autos begleiteten. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, dass Pascal Zintarra sturzbetrunken mit der linken Hand ein Hitlerbärtchen mimte und die rechte Hand zum Führergruß erhob. 2 Beamte des Staatsschutzes standen keine 2 Meter hinter den Neonazis. Offenbar hatten sie die Szene nicht gesehen oder wollten sie nicht sehen. So gab es diesbezüglich auch keine Ermittlungen gegen Pascal Zintarra, der dann später einen Sprengstoffanschlag verüben sollte. Wir berichteten wahrheitsgemäß wie immer über diesen Vorfall. Wie wir vor kurzem erfuhren, fiel dem FK4 jedoch nichts Besseres ein, als ihre Aufmerksamkeitslosigkeit oder schlechte Positionierung in dem Moment in eine Anzeige wegen „falscher Behauptungen“ gegen uns umzumünzen. Ist das nicht absurd?

Auf der Suche nach uns werden Parkplätze abgefahren und Kennzeichen aufgeschrieben. Autos auf der Abreise werden bewusst angehalten und juristisch unhaltbar alle Personalien eingefordert. Das sind keine Einzelfälle, sondern passiert jedes verdammte Mal. Jedes Mal, wenn wir einfach nur Menschen vor eben solchen Leuten, die sogar bereit zu Sprengstoffanschlägen sind, schützen wollen.

Und der Person, die sie jetzt am Wickel haben, schieben sie diese erwähnten Anzeigen nun unter. Nochmal in aller Deutlichkeit: Diese Person ist NICHT in unserer Gruppe und kann deshalb auch diese lächerlichen Straftaten nicht begangen haben. Und genau deshalb läuft unser Redebeitrag hier vom Band. Wir wissen genau, dass die nächste Person, die mit unserer Gruppe in Verbindung gebracht wird, sich ebenfalls mit diesem Anzeigenpaket auseinandersetzen werden muss. So bleibt uns nichts übrig, als weiterhin genauestens auf unsere Identitäten aufzupassen.

Der Staat ist viel zu oft auf dem rechten Auge blind und stichelt und schnüffelt lieber bei uns. Aber wir werden uns nicht unterkriegen, einschüchtern oder kriminalisieren lassen! Wir werden weiter kompromisslos antifaschistische Arbeit leisten, genau wie viele Andere auch.

Und so überspitzen wir das heutige Motto „Kein Nazi-Kiez in Einbeck“ in „Einbeck nazifrei!“ Denn das ist unser Ziel und darauf arbeiten wir hin. Gemeinsam mit Allen, die sich mit uns auf diesem Weg solidarisieren.

 

Antifa in die Offensive!