3 Jahre und 7 Monate Knast für Pascal Zintarra

Gestern fand vor dem Landgericht Göttingen die Berufungsverhandlung gegen Neonazi Pascal Zintarra statt. Neben der Berufungsverhandlung vom Amtsgericht Einbeck (schwerwiegendste Straftat war der feige Sprengstoffanschlag auf eine Antifaschistin aus Einbeck) wurden weitere Straftaten, in denen Zintarra in Berufung ging mitverhandelt. Das OATE hatte zur solidarischen Prozessbegleitung für die Betroffene des Sprengstoffanschlags aufgerufen, an der sich 20 Menschen trotz ekligstem Wetter beteiligten.

Während zur Verhandlung in Einbeck noch „ganze“ 3 Neonazis am Gericht erschienen, zeigte dieses Mal alleine Holger Erbach was „Solidarität“ unter Neonazis ist und tauchte in Göttingen auf. Allerdings blieb er nicht besonders lang und verpisste sich vor der 2. Pause kleinlaut.

Die Verhandlung begann mit dem Verlesen der Fälle, die in diesem Prozess verhandelt werden sollten. Alleine das dauerte bereits knapp eine Stunde. Anschließend wurde die Verhandlung unterbrochen, da die Verteidigung Zintarras eine Kommunikation mit der Staatsanwaltschaft wünschte. Diese willigte ein und die Verhandlung wurde unterbrochen. Bei Wiederaufnahme wurde dann der „Deal“ verkündet, dass alle Seiten das Verfahren gerne so kurz wie möglich halten möchten. Das Angebot der Verteidigung lautete, dass alle Berufungen zurückgezogen werden und gemeinsam wurde vereinbart, dass das Strafmaß am Ende mit (einhergehendem Mengenrabatt) zwischen 3,5 und 4,5 Jahren liegen werde. Neben der Verkürzung hatte dieser Deal den Vorteil, dass die geladenen Zeug*innen nicht mehr aussagen mussten und ihnen die psychischen Belastungen erspart bleiben würden. Wie hart das sein muss und was Zintarra den Menschen angetan hat, zeigte sich bei einer Zeug*innenentlassung im späteren Verlauf. Völlig aufgelöst und zitternd betrat eine Zeugin den Gerichtssaal, nachdem sie auf dem Gerichtsflur einen völligen Nervenzusammenbruch erlitt in der Aussicht Zintarra gegenüberzustehen. Es geht nicht nur um die bloßen Taten an sich. Dieses kleine Stück Scheiße hinterlässt mit seinem bewussten Psychoterror langfristige Schäden bei den Betroffenen.

In der Verhandlung hatte Zintarra selbst nichts zu sagen und sein Anwalt verwies auf die phrasenhafte und heuchlerische schriftliche Einlassung, die auch bereits in Einbeck abgegeben wurde. Zu seiner Familie, seinem Werdegang, seiner Motive und seiner Zukunft gab es ebenso nicht viel bis nichts zu hören. Während des ganzen Verfahrens zeigte er keinerlei Reue. Immer wieder grinste er hämisch wenn gewisse Taten oder Formulierungen von ihm vorgelesen wurden. Dies prangerte nicht nur die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer an, sondern verwunderte in dieser Dreistigkeit auch die coronabedingt wenigen anwesenden Zuschauenden. Sein Anwalt hingegen, bei dem mensch durchaus die Bezeichnung „Szene-Anwalt“ durch den Kopf gehen kann, sprach hingegen von Reue und Zintarra habe „den Schuss gehört“. Diese Formulierung wurde später durch die Staatsanwaltschaft mit „ihr Mandant ist der Einzige, der hier keinen Schuss mehr hört“ völlig korrekt gekontert. Ebenso bezeichnete er Volksverhetzung und Verwendung Verfassungsfeindlicher Kennzeichen allen Ernstes (O-Ton) als „Bagatelldelikte“, die nicht allzu sehr aufgebauscht werden sollten. Und überhaupt sei Zintarra ja das arme Opfer, weil er doch die härtesten Auswirkungen selbst durch seine Handverletzung erlitt. Und durch die plötzlich verfügte U-Haft konnte er sein Leben ja auch nicht neu ordnen. What?!

Zwischenzeitlich war dann auch die Betroffene des Sprengstoffanschlags im Gerichtssaal, nachdem sie ja nicht mehr aussagen musste. Zintarra arbeitete sich regelrecht mit mal bedrohenden/einschüchternden oder auch hämisch grinsenden Blicken an der Betroffenen ab.

Umso verwunderlicher ist es daher, dass das Gericht in dem zuvor vereinbarten Strafmaß sehr tief ansetzte. Nach Meinung des Richters ginge es nicht darum, um einzelne Monate „zu feilschen“. Doch verdammt! Jeden Tag, den dieser Durchgeknallte im Knast verbringt, schützt andere Menschen davor Opfer dieses Freaks zu werden. Wie groß die Reue ist, zeigte sein Verhalten vor Gericht mehr als deutlich und auch die ca. 9 Monate Knast bisher haben daran offenbar nichts geändert. So interpretierte der Richter Zintarras hämisches Grinsen in der Urteilsbegründung als „wohlwollend formuliertes Überdecken von Schwäche ggü. Anwesenden“. Das diese Annahme Quatsch ist, bestätigte ihm Zintarra direkt selbst mit einem unmittelbaren Kopfschütteln. Nach Ende der Verhandlung war sein letzter Akt eine „Pooh“-Geste im Sinne von Knall in Richtung der Betroffenen des Anschlags, die jedoch leider nicht vom Gericht wahrgenommen wurde. Ob dies hämisch auf den Sprengstoffanschlag bezogen war oder eine weitere Morddrohung für die Zukunft ist unklar. Immerhin konnte er sich beim Verlesen seiner Bedrohung „sie könne sich aussuchen wie sie sterbe“ das Grinsen nicht verkneifen.

Auf der einen Seite sind wir froh, dass diese tickende Zeitbombe nun erstmal Einbecks Straßen fernbleibt. Auf der anderen Seite sind wir verwundert über die Kuscheljustiz, die ein dermaßen ideologisch gefestigter Überzeugungstäter erfährt. Es ist und muss es unsere Aufgabe sein, die restliche Neonazistruktur vor Ort zu zerschlagen, damit nicht in ein paar Jahren der Scheiß von vorne beginnt.

Weitere Fotos der Soli-Kundgebung gibt`s bei links unten Göttingen: https://www.flickr.com/photos/linksuntengoe/sets/72157718579721211/